Fachkonferenz Integration der Stadt Würzburg und THWS
Eine komplexe Aufgabe: So beschreibt Prof. Dr. Dieter Kulke von der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) das Ehrenamtsmanagement in der Arbeit mit Geflüchteten. Im Rahmen der Fachkonferenz Integration der Stadt Würzburg und der THWS haben der Soziologieprofessor und THWS-Studierende Ergebnisse eines Lehrforschungsprojekts vorgestellt.
Die Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften (FAS) der THWS setzt sich in verschiedenen Lehrveranstaltungen und Projekten mit den Themen Flucht und Migration auseinander. „Ein bewährter Kooperationspartner ist auch in diesem Bereich die Stadt Würzburg“, so Prof. Dr. Kulke. „Wir freuten uns über die Anfrage der Sozialplanung der Stadt nach Unterstützung bei der Entwicklung eines Konzepts für die Organisation, Koordination und Begleitung ehrenamtlicher Tätigkeiten in der Gemeinschaftsunterkunft in der Veitshöchheimer Straße.“
Studierende des Masters Soziale Arbeit hatten in einem Lehrforschungsprojekt über zwei Semester hinweg Interviews mit Geflüchteten, Ehrenamtlichen mit zwei Hauptamtlichen und Mitarbeitenden von Stadt und Regierungsbezirk geführt und ausgewertet. Ziel des Projekts war die Verbesserung der bestehenden Ehrenamtsangebote, um zu einer umfassenderen Versorgung und Integration der Geflüchteten sowie zur größeren Beteiligung und Zufriedenheit. Zunächst hatte Prof. Dr. Kulke dem Sozialausschuss der Stadt Würzburg bereits erste Ergebnisse des Konzeptes vorgestellt. Auf der Fachkonferenz Integration im Burkardushaus präsentierten sie diese Ideen nun gemeinsam mit Dr. Ahmed Albaba, Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften, einer größeren Öffentlichkeit.
Nach Grußworten der Sozialreferentin der Stadt Würzburg, Dr. Hülya Düber, und der Dekanin des Fachbereichs Angewandte Sozialwissenschaften, Prof. Dr. Dagmar Unz, in denen beide die gute Zusammenarbeit zwischen Stadt und Fakultät betonten, stellte Prof. Dr. Jens Vogler, Hochschule Fulda, den Stand der Forschung zu freiwilligem Engagement für Geflüchtete dar. Die Arbeit mit Geflüchteten verlange so viele Kompetenzen, dass freiwilliges Engagement in vielen Fällen sehr gewinnbringend eingesetzt werden, aber auf keinen Fall professionelle Soziale Arbeit ersetzen könne. Im anschließenden Vortrag zeigte Cemalettin Özer vom Bundesverband Netzwerke von Migrantinnen- und Migrantenorganisationen deren Potentiale für die Begleitung von Geflüchteten und damit für die Integration der Stadtgesellschaft auf.
Ehrenamt professionell begleiten
Dr. Ahmed Albaba und Prof. Dr. Kulke von der Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften präsentierten anschließend die Ergebnisse des Lehrforschungsprojektes. In den qualitativen Befragungen wurde zunächst das große Engagement der Ehrenamtlichen deutlich, ebenso aber auch die schwierigen räumlichen Bedingungen in der Gemeinschaftsunterkunft in der Veitshöchheimer Straße, die zusammen mit der ungünstigen Lage, eine ehrenamtliche Tätigkeit dort eher unattraktiv machen. Viele Geflüchtete könnten mangels Wohnung nicht aus der notorisch überbelegten Gemeinschaftsunterkunft ausziehen. Eine wichtige Rolle für eine erfolgreiche Integration spielten Patenschaften und andere Angebote wie Behörden- und Job-Coaches, so Prof. Dr. Kulke. Eine Abstimmung und Koordination dieser vielfältigen Angebote sei zentral für die weitere Arbeit. Es wurde auch deutlich, dass das Ehrenamt auf jeden Fall professionell begleitet werden müsse. „Schließlich sind die psychosozialen Bedingungen der Geflüchteten und auch die rechtlichen Verhältnisse oft sehr belastend und komplex“, erklären Dr. Albaba und Prof. Dr. Kulke.
Themenvertiefung in fünf Workshops
Die Themen wurden in fünf Workshops weiter vertieft und diskutiert. Behandelt wurden u.a. Peer-to-Peer-Ansätze, Empowerment von Frauen für Frauen sowie die sozialräumliche Einbindung von zugewanderten Menschen.
Hasiba Hakimi und Heike Mix stellten in ihrem Vortrag das interkulturelle Frauenprojekt Blickpunkt vor. Die interkulturelle Frauenarbeit wird von Heike Mix im Quartier Heuchelhof und von Hasiba Hakimi im Quartier Lindleinsmühle organisiert. Beide planen wöchentliche Treffen, an denen Frauen aus verschiedenen kulturellen Hintergründen teilnehmen, darunter arabische, afrikanische, somalische und ukrainische Frauen. Daneben finden mehrere andere Veranstaltungen wie Workshops oder Vernetzungstreffen statt. Dabei teilen Frauen ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit neu zugewanderten Frauen und fördern so einen Kreislauf des gegenseitigen Empowerments. Das Prinzip „von Frauen für Frauen“ sowie der Ansatz „Peer-to-Peer“ stehen dabei im Fokus.
Dr. Ahmed Albaba und Lukas Niederwieser diskutierten gemeinsam mit THWS-Masterstudent Burkhard Salzer die Wünsche und Bedarfe von Ehrenamtlichen: Ehrenamtliche wünschten sich eine verbindliche und stetige Begleitung mit einem regelmäßigen Austausch mit Hauptamtlichen und klare und übersichtliche Kommunikationswege und Zuständigkeiten, um sich Unterstützung und das nötige Fachwissen zu bekommen. Außerdem sei es wichtig, die ehrenamtliche Arbeit mit Geflüchteten realistisch, das heißt, mit allen möglichen Herausforderungen zu bewerben, um später Überforderung und Frustration bei den Ehrenamtlichen zu vermeiden.
In dem Workshop von Prof. Dr. Dieter Kulke präsentierten die Masterstudentinnen Mareike Karges und Leonie Volk aus erster Hand die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeiten. Sie unterstrichen die Notwenigkeit Sozialer Arbeit vor Ort in der Gemeinschaftsunterkunft über die bisherigen Tätigkeiten hinaus. Soziale Arbeit vor Ort solle – so auch die Gesamtergebnisse des Projektes – aufsuchend und sozialraumorientiert tätig sein sowie die Bedürfnisse und Bedarfe an ehrenamtlicher Arbeit erfassen und diese koordinieren.
Dies war auch einhellige Meinung im abschließenden Plenum. Jetzt gelte es unter Federführung der Stadt mit den bisher aktiven Diensten und Organisationen eine passende Organisation dafür zu erarbeiten und mit Leben zu füllen – für eine menschengerechte Versorgung der geflüchteten Menschen, für die Stärkung der Zivilgesellschaft und für die Integration der gesamten Stadtgesellschaft, fasst Prof. Dr. Kulke zusammen.
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