Vorstellungskraft ist im dreidimensionalen Raum viel anschaulicher: Doktorand zeigt es in Spielen auf
„Wenn ich sage, ich studiere Geovisualisierung, versteht das niemand. Wenn ich sage, es ist etwas mit Informatik und Karten, dann können die Leute schon eher nachvollziehen, was ich mache“, so schildert Helge Olberding seine Erfahrungen im Freundes- und Bekanntenkreis. Er ist Doktorand der Geovisualisierung an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS). Der gebürtige Ostfriese, der sein Bachelor- und Masterstudium an der Jade-Hochschule durchlief, kam vor gut einem Jahr nach Würzburg an die FHWS. Diese ist die einzige Hochschule bundesweit, die den Studiengang Geovisualisierung anbietet.
In seiner Masterarbeit befasste er sich mit der Umsetzung einer Beleuchtungssimulation im 3D-Stadtmodell für die Stadtplanung. Hierzu wurde als Software eine Game Engine verwendet, wie sie u.a. auch in Computerspielen eingesetzt werden. Sein Ziel sei es, dass Geodaten einer Stadt in eine Game Engine integriert werden. Die Beleuchtungsplanung innerhalb vieler Kommunen wird zum momentanen Zeitpunkt mit realen Beleuchtungsszenarien getestet und umgesetzt. Hierzu stellen Bautrupps in der Planungsphase verschiedene Lampen auf, die nachts begutachtet und die unterschiedlichen Beleuchtungsergebnisse ausgewertet werden. Die Beleuchtungssimulation soll im Vorfeld einer Realisierung eingesetzt werden, um Beleuchtungsszenarien effektiver zu planen. Die Beleuchtungssimulation hat hierzu mehrere Uhr- und Jahreszeiten sowie einige Straßenlampenmodelle mit verschiedenen Einstellungen wie z.B. einer Leuchtstärke und Farbtemperatur.
Die menschliche Vorstellungskraft sei im dreidimensionalen Raum sehr viel anschaulicher als in zwei Dimensionen, so Olberding. Durch die Darstellungen einer virtuellen Realität biete die Geovisualisierung ein sehr breites Nutzungsfeld. So seien die Anwendungen beispielsweise bei Hochwasser-, Erdbeben- oder Unwetter-Simulationen, in der Archäologie, im Stadt-Tourismus, in der Notfall-Vorsorge, bei Tatorten, in der Windkraft-Technologie, bei der Gerüst-Planung oder in der Waldbewirtschaftung einsetzbar. Für die Modellierung und zum Austausch von virtuellen 3D-Stadtmodellen gibt es die „CityGML“ (eine Geografie-Auszeichnungssprache zur Speicherung und zum Austausch von virtuellen 3D-Stadtmodellen). Jedoch wird dieses Dateiformat noch nicht von allen Anwendungen unterstützt. Ein Ziel sei es daher, einen intensiveren Umbau, eine Implementierung des Dateiformats in mehr Anwendungen umzusetzen sowie die erhobenen Informationen interdisziplinär und weltweit allen Usern in einer einfachen Zugangsform zur Verfügung zu stellen, sie auch in der Lehre nutzen zu können.
Im Rahmen des Workshops „3D-Stadtmodelle“ im November in Bonn wurde bundesweit auf Einladung nur wenigen Studierenden - als Anerkennung besonderer Leistungen - die Möglichkeit gegeben, die Inhalte ihrer Abschlussarbeiten zu präsentieren. Seine Masterarbeit „Untersuchung zum Potenzial von Game Engines für Beleuchtungssimulationen im 3D-Stadtmodell“ konnte so einem Fachpublikum vorgestellt und diskutiert werden. „Dreidimensionale Modelle von Städten und Regionen spielen heute eine wichtige Rolle in zentralen Aufgabenstellungen der Architektur, Stadt- und Raumplanung, Vermessung, mobilen Telekommunikation und des Facility Managements“, so die Organisatoren des Workshops, die Deutsche Gesellschaft für Kartographie e. V. sowie die Deutsche Gesellschaft für Photogrammetrie, Fernerkundung und Geoinformation e. V.
Helge Olberding promoviert nun in Kooperation mit dem Studiengang Human-Computer Interaction an der Universität Würzburg. Betreut wird die Doktorarbeit an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt von Professor Dr. Mark Vetter. Thema sind die thematische Kartographie und 3D-Geovisualisierungen in interaktiven Virtual-Reality-Anwendungen. In seiner Dissertation befasst er sich mit der Frage, welche Anforderungen an die 3D Kartogrpahie zu stellen sind. Für die empirischen Untersuchungen im Rahmen seiner Dissertation bieten sich Implementierungen in Game Engines an, da hier ein virtueller 3D-Raum bzw. eine 3D-Karte einfach und effektiv erstellt werden kann. Mittels Virtual Reality-Funktionalitäten in der von Helge Olberding erstellten Anwendungsszenarien kann untersucht werden, wie Nutzer auf kartographischen Darstellungen bzw. kartographischen Signaturen wahrnehmen bzw. reagieren.
Neben dem Ravenstein Förderpreis erhielt Helge Olberding bereits im September 2018 einen Buchpreis des Vereins der Deutschen Vermessungsingenieure (VDV). Und vielleicht folgt auf die Auszeichnung seines bisherigen Engagements eine weitere Prämierung für die Dissertation.
Weitere Informationen zur Geovisualisierung, zum Ravenstein Förderpreis, zum Workshop 3D Stadtmodelle