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Musiktherapie setzt auf Künstliche Intelligenz

24.06.2020 | thws.de, Pressemeldung, FAS
Neuartige KI-Verfahren sollen Diagnose erleichtern – FHWS mit Verbundantrag für neue Professur erfolgreich

Wer Künstliche Intelligenz (KI) hört, denkt vermutlich erst einmal an Roboter oder Sprachassistenten wie Alexa. An der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) wird diese Zukunftstechnologie sogar in der Musiktherapie eingesetzt: Thomas Wosch, Professor für Musiktherapie in der Sozialen Arbeit und im Institut für Angewandte Sozialwissenschaften (IFAS) der FHWS, nutzt Künstliche Intelligenz bei der Diagnostik, wenn eine Patientin oder ein Patient sich sprachlich nicht ausdrücken kann. Zusammen im Verbund mit Nürnberger Hochschulen hat dieser Ansatz der Region eine Professur für „Künstliche Kreativität und musikalische Interaktion“ an der Hochschule für Musik Nürnberg gesichert.

Prof. Wosch arbeitet mit der sogenannten „Music Therapy Toolbox“, die er zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus Finnland für die Diagnostik weiterentwickelt hat. Sein Forschungsziel: „Damit gibt es nicht nur die subjektive Einschätzung eines Therapeuten, sondern es wird einmal so aussagekräftig sein wie ein Bluttest, ob ein bestimmtes Enzym fehlt.“

Eingesetzt wird dieses neuartige Diagnoseinstrument unter anderem bei frühkindlichen Entwicklungsstörungen, Schwerbehinderung oder Autismus, denn hier können sich die Betroffenen nicht über Sprache mitteilen. Über eine Höranalyse kann diagnostiziert werden, wie das Interaktionsverhalten einer Patientin bzw. eines Patienten aussieht. Dabei improvisieren Patient und Therapeut gemeinsam mit Musikinstrumenten. Analysiert wird, wie sehr beide aufeinander eingehen, wo sie übereinstimmen oder sich voneinander entfernen. Die Music Therapy Toolbox lässt damit Rückschlüsse auf das Sozialverhalten zu. „Aber für die Auswertung sind zwei Wochen Vollzeitarbeit nötig“, erklärt Prof. Wosch. Künstliche Intelligenz soll bei der Mustererkennung helfen und das Diagnoseverfahren deutlich schneller machen. „Interaktionsanalyse ist ein erster Schritt. Vor allem die Emotionswahrnehmung ist sehr schwierig, davon sind wir deutlich weiter entfernt.“

Um solche Entwicklungsprozesse voranzutreiben, hat der Freistaat Bayern als Teil der Hightech Agenda fünfzig neue Professuren für Künstliche Intelligenz geschaffen. Um davon eine Professur für Musik in die Region zu holen, arbeitete Prof. Wosch im Verbund mit der Nürnberger Hochschule für Musik, der Technischen Hochschule Nürnberg sowie dem LEONOARDO-Zentrum für Kreativität und Innovation in Nürnberg. Die neue Professur ist an der Hochschule für Musik Nürnberg (HfM) angesiedelt. HfM-Professor Dr. Martin Ullrich bezeichnet das interdisziplinäre Netzwerk, in dem der erfolgreiche Antrag entstanden ist, als „KI-Ökosystem“. In Nürnberg stehen generative Modelle individueller musikalischer Kreativität und Abstimmungsprozesse musikalischer Interaktion im Mittelpunkt, die die Grundlage und eine hohe wissenschaftliche Interaktion mit dem Diagnostik-Fokus der FHWS bilden. Die FHWS als einer der KI-Knotenpunkte in Bayern hat vom Freistaat außerdem sieben Professuren für KI am Standort Würzburg zugesagt bekommen.