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Mehr Lehre und Forschung an Hochschulen für mehr klimafreundliche Kunststoffprodukte

17.06.2022 | thws.de, Pressemeldung, FKV
Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft: Lebensende von Produkten wird in Entwicklung und Herstellung mitgedacht

Können Kunststoffe klimafreundlich sein? Dieser Frage ging Michael Weigelt in seinem Vortrag „Klimafreundliche Kunststoffprodukte – geht das?“ nach. Der Referent ist Geschäftsführer des GKV/TecPart, Verband Technische Kunststoff-Produkte e.V. TecPart, Frankfurt, und informierte 130 Teilnehmende des Arbeitskreises Kunststofftechnik sowie Studierende des Studiengangs Kunststoff- und Elastomertechnik an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS).

Es handle sich um ein „Leben auf Pump“, so Weigelt: Unumstritten gäbe es menschengemachte Veränderungen im Weltklima, Müllpartikel-Konzentrationen im Meer oder Flugreisen mit hohem CO2-Ausstoß. Bereits Ende Juli seien die für ein komplettes Jahr berechneten natürlichen Ressourcen der Erde ausgeschöpft worden. Das Kunststoff-Image habe sich im Rahmen der öffentlichen Diskussionen drastisch verschlechtert. Was ist aus seiner Sicht nun zu tun – und durch wen? In der Pflicht sieht Weigelt neben den Verbänden der Kunststoff verarbeitenden Industrie auch die erzeugenden und verarbeitenden Unternehmen, den Maschinenbau und die Peripherie der Kunststoff verarbeitenden Industrie sowie die Hochschulen.

Biologisch abbaubare Kunststoffe

Neue Ansätze sind in der Erforschung so wie derjenige moderner Kunststoffe, die biologisch hergestellt und von Mikroben abgebaut werden können. Hier werden toxikologische Prüfungen vorgenommen, inwiefern Schimmelpilze Kunststoffe abbauen, dabei jedoch noch Pflanzenkrankheiten verursachen können. Auch hormonelle Einflüsse auf die Fauna werden betrachtet. Zudem kennt man die komplexen Zusammenhänge noch nicht vollständig, z.B. weiß man noch nicht, wie der biologische Abbau tatsächlich vonstatten geht, was nach den Abbauprozessen übrig bleibt oder welche Rolle Umweltbedingungen ggf. spielen. Weitere Untersuchungen seien gefragt.

Kunststoffe: Vom Wandel der Gesellschaft

Waren Kunststoffe in den 60er und 70er Jahren noch hipp, kippte die Einstellung allmählich bis hin zu aktuellen Demonstrationen gegen Plastik. Öko-populistische Maßnahmen mit Plastiksteuern und Produktverboten von Einkaufstaschen und Plastik-Getränkehalmen lösen nach Ansicht des Referenten die Problematik nicht – Eine faktenbasierte Auseinandersetzung wäre vielmehr angesagt. Die Ablehnung von Kunststoffen reiche bis hinein in die Grundschulen, in denen bereits u.a. über Mathematik-Aufgaben eine Haltung gegen entsprechende Produkte verfestigt werde.

Weiterverwertung von Kunststoffabfällen

2015 habe in Paris die UN-Klimakonferenz stattgefunden mit der Verabschiedung selbstverpflichtender Ziele. Wie kann man weiter verfahren, um kurz-, mittel- und langfristig das Klima zu schonen? Weigelt plädiert für eine differenzierte Berichterstattung in den Medien sowie für mehr Dialog mit Politik und Gesellschaft. Um beispielsweise Hygiene-, Desinfektions- und Operationsprodukte in der Medizin oder Bauprodukte klimaschonend herstellen zu können, sei eine kontinuierliche Forschung notwendig. Gerade auch an Hochschulen könnten nachfolgende Generationen dazu beitragen, in Lehre und weitergehenden Untersuchungen ihren Beitrag dazu leisten zu können, Kunststoffprodukte klimafreundlich zu gestalten.

Verschiebung der öffentlichen Meinung durch Informationen

Kunststoff-Abfälle werden in Deutschland nur zu 0,6 Prozent auf Deponien beseitigt, während 99,4 Prozent energetisch wie stofflich verwertet werden. In der öffentlichen Wahrnehmung könnten fundierte Informationen neue Perspektiven eröffnen im Umgang mit Kunststoffen: So werde beispielsweise bei der Bereitstellung von Getränkeflaschen die CO2-Emission fälschlich bei Plastikflaschen höher eingestuft als die von Glasflaschen: Vergleiche man z.B. den CO2-Ausstoß einer PET-Einwegflasche mit der Einwegfasche aus Glas, lägen deren CO2-Werte in Kilogramm pro 1.000 Liter deutlich höher.

„Die Veränderung der Ökodesign-Richtlinie zu einer EU-Verordnung inkl. der Verbreiterung des Anwendungsbereiches auf alle (Kunststoff-)Produkte stellt einen noch nie dagewesenen Paradigmenwechsel im europäischen Produktrecht dar“, so der Experte. Der Wandel hin zur Kreislaufwirtschaft verändere die Art und Weise, wie Kunststoffprodukte in Zukunft hergestellt, genutzt und verwertet werden. Zugleich bringe er große Chancen für ein nachhaltiges Wachsen und Wirtschaften der Industrie. Eine wichtige Voraussetzung dafür sei der Tatbestand, dass das Lebensende von Produkten bereits in der Entwicklung und Herstellung mitgedacht werden müsse.