Information gehört zum guten Ton - Podcasts als neues Massenmedium für die Meinungsbildung
"Die neue Kultur des Zuhörens" beim Medium Podcast hat Prof. Dr. Lutz Frühbrodt von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) in seiner aktuellen Studie untersucht: Dafür untersuchte er mehrere Hundert Podcasts in Deutschland und beleuchtete auch, inwieweit Podcasts dem Radio Konkurrenz machen. Die Ergebnisse sind soeben bei der Otto Brenner Stiftung erschienen. Co-Autorin ist Ronja Auerbacher, eine Absolventin des von Frühbrodt geleiteten Masterstudiengangs "Fachjournalismus und Unternehmenskommunikation".
Podcasts, die jederzeit abrufbaren Audiodateien, sind längst im Mainstream angekommen. "Inzwischen gehören Podcasts zum alltäglichen Medienrepertoire jüngerer Nutzer:innen, sie kommen jedoch langsam, aber sicher, auch bei den älteren Jahrgängen an", sagt Prof. Frühbrodt. Eine Analyse der 50 meistgehörten Podcasts auf der Audiostreaming-Plattform Spotify ergab, dass sich zwei Fünftel der Podcasts mit Nachrichten, Politik und Wissen beschäftigen und bei einer Länge von 30-60 Minuten durchaus in die Tiefe gehen. Ein weiterer Befund: Statt hitziger Debatten dominieren aufs Verstehen ausgerichtete Dialoge und Interviews. "Hier hat sich eine neue Gesprächs- und Zuhör-Kultur entwickelt, die zur Informiertheit der Bürger:innen und damit zur politischen Meinungsbildung beitragen kann, gerade auch bei den Jüngeren", ist Autor Frühbrodt überzeugt. "Der bundesdeutschen Gesellschaft täte es sicher gut, ihr medial orchestriertes Selbstgespräch verstärkt in wohltemperierter Manier zu führen", sagt Frühbrodt in Anspielung auf die Polemik in TV-Talkshows und den oft aggressiven Ton in sozialen Medien.
Bei einer qualitativen Analyse der zehn beliebtesten Politik-Podcasts, zu denen u.a. Formate der Süddeutschen Zeitung oder des Handelsblatts gehören, fanden Frühbrodt und Auerbacher aber auch Mängel: Zwar sei die journalistische Qualität grundsätzlich gut, aber die fehlende Trennung von Nachricht und Meinung könne zum Problem werden. "Das setzt auf Seiten der Hörer:innen eine sehr hohe Medienkompetenz voraus, die vor allem bei jüngeren Nutzer:innen nicht immer gegeben ist", sagt Auerbacher.
Frühbrodt und Auerbacher stellten in ihrer Studie außerdem eine zunehmende Professionalisierung fest. Auf die Anfangsjahre mit viel Experimentierfreude sei eine Welle der Etablierung gefolgt – mittlerweile seien Podcasts in allen klassischen Medienhäusern fest verankert und machten Amateur-Podcast-Hosts Konkurrenz. Zudem sei die Podcast-Landschaft von Kommerzialisierung bedroht, dem sogenannten „YouTube-Syndrom“, bei dem private Firmen versuchten, die Ausspielplattformen vor allem mit Produktwerbung zu befüllen. Wer die gesamte Studie online lesen, herunterladen oder ein Printexemplar bestellen möchte, kann dies unter Otto Brenner Stiftung tun.
Kontakt:
Hochschule Würzburg-Schweinfurt
Prof. Dr. Lutz Frühbrodt
Münzstr. 12
97070 Würzburg
0931-3511-8576
lutz.fruehbrodt[at]fhws.de