FHWS-Studierende spielten erstmals „Verantwortungspoker“

Interdisziplinärer Austausch über ethisches Handeln in Wirtschaft und Gesellschaft

Wer darf und soll wobei mitreden? Und wer entscheidet letztlich? Ob die Frauenquote in Führungspositionen, die Deckelung von Managergehältern, die Veröffentlichungspflicht von Nachhaltigkeitsmaßnahmen für Unternehmen und nicht zuletzt der Umgang mit Daten bei der Digitalisierung: Beim „Verantwortungspoker“ im Januar diskutierten vierzig Studierende der Masterstudiengänge „Fachjournalismus und Unternehmenskommunikation“ und „Marken- und Medienmanagement“ in einem innovativen Format miteinander über aktuelle Wirtschaftsthemen der Zeit. Geleitet wurde das Projekt von dem Berliner Unternehmensberater Florian Junge, der den „Verantwortungspoker“ für den gemeinnützigen Verein Managerfragen.org entwickelt hat.

Mit dem Dialogformat werden Bürger zur Reflexion darüber angeregt, wo Politik und Gesellschaft stärker Verantwortung bei wichtigen Wirtschaftsfragen übernehmen sollen – oder wo diese Verantwortung vor allem in den Händen der Unternehmen liegen soll. Impuls für das Kommunikationsspiel war der zunehmende Vertrauensschwund, den Wirtschaftsmanager in den vergangenen Jahren bei großen Teilen der Bevölkerung erlitten haben. Wiederholt haben Skandale dazu geführt, dass Managern nur noch begrenzt ethisches Handeln zugetraut wird.

Das Konzept hinter dem „Verantwortungspoker“ ist einfach und effektiv: In kleinen Gruppen bewertet zunächst jeder selbst, wen er in der Verantwortung sieht. Dazu legen die Spieler die entsprechende Karte verdeckt auf den Tisch. In einer Skala zwischen eins bis fünf zeigen die Karten an, ob stärker die Unternehmen oder die Politik und Gesellschaft entscheiden sollen. Nach dem Aufdecken der Karten eröffnen die beiden Pokerspieler den Dialog, deren Positionen inhaltlich am weitesten auseinanderliegen. Im weiteren Verlauf beteiligen sich auch die anderen Spieler, und es werden Argumente pro und contra systematisch zusammengetragen. Spielleiter Florian Junge betonte, dass keine kontroverse Debatte geschürt werden solle wie bei einem Polit-Talk im Fernsehen. Niemand solle mit der rhetorischen Brechstange überzeugt werden. Im Zentrum stünde vielmehr das Ziel, Argumente auszutauschen und im Idealfall einen gemeinsamen Konsens zu finden.

Im Anschluss an die Spielerunden wurden die Ergebnisse der einzelnen Gruppen verglichen und diskutiert. Die Unterschiede zwischen den Studiengängen waren marginal. Schnell stellte sich allerdings heraus, dass jeweils eine größere Gruppe von Studierenden entweder der Wirtschaft oder aber der Gesellschaft, meist in Gestalt der Politik, kritisch gegenübersteht. Gemäßigte Mittelpositionen befanden sich in der Minderheit.

Professor Dr. Harald Bolsinger, Dekan der Fakultät Wirtschaftswissenschaften und Mitveranstalter des Formats, riet dazu, dieses Misstrauen zu hinterfragen, denn: „Sie sind die Wirtschaft und Sie sind auch die Gesellschaft. Sie gestalten und werden in ihrem beruflichen Kontext Verantwortung tragen.“ Professor Dr. Lutz Frühbrodt, Leiter des Master-Studiengangs „Fachjournalismus und Unternehmenskommunikation“, unterstützte diese Anregung: „Sie sind die Entscheider und Entscheiderinnen von morgen. Deshalb ist es wichtig, sich frühzeitig in zentralen gesellschaftspolitischen Fragen zu positionieren und diese Themen dann in den Unternehmen aufs Tapet zu bringen.“

Linda Klatt, Studentin des Masterstudiengangs „Marken- und Medienmanagement“ folgte diesem Rat und bezog zum Thema „Digitalisierung“ Stellung: „Es ist zentral, dass wir ein Bewusstsein dafür entwickeln, was passiert, wenn wir unsere Daten freigeben. Die Auswirkungen haben die meisten gar nicht direkt vor Augen. Wobei wir eigentlich doch ziemlich beeinflussbar sind.“ Frederick Servatius (Master „Fachjournalismus und Unternehmenskommunikation) thematisierte die Transparenz: „Facebook kann mir eine lange Liste schicken, auf der sie alle Daten stehen, die sie von mir verwenden. Doch solange ich nichts mit den Angaben anfangen kann, bringt mich auch diese Form der Transparenz nicht weiter. Hier müsste die Politik für mehr Klarheit sorgen.“

Da der „Verantwortungspoker“ bei den Teilnehmern auf positive Resonanz stieß, soll er an der FHWS zukünftig in regelmäßigen Abständen gespielt werden, um Studierende aus unterschiedlichen Fachdisziplinen zu vernetzen.