Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften auf der Europäischen Konferenz für Sozialarbeitsforschung
Für eine stärkere politische Partizipation: Zum wiederholten Mal haben Angehörige der Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften an der Jahrestagung der European Social Work Research Association (ESWRA) teilgenommen. Die ESWRA ist eine europäische Vereinigung der Forscherinnen und Forscher auf dem Gebiet der Sozialarbeitswissenschaft. Auf den jährlich stattfindenden Konferenzen der ESWRA werden Forschungsergebnisse vorgestellt. In diesem Jahr fand die elfte European Conference for Social Work Research (ESCWR) im April in Amsterdam statt. Die Vorkonferenz und die Hauptkonferenz boten die Gelegenheit, Forschung zur Sozialen Arbeit zu diskutieren und an Debatten um die Herausforderungen und Chancen der Entwicklung der Profession teilzunehmen.
Prof. Dr. Vera Taube, Professorin für Erziehungswissenschaft in der Sozialen Arbeit an der Würzburger Fakultät, nahm im Rahmen der SIG (Special Interest Group) „Practice Research“ in Kooperation mit Forschenden aus den Niederlanden, Norwegen, Dänemark, Belgien und Großbritannien die Frage nach theoretischen Bezügen von Sozialarbeitsforschung in den Blick. Im Rahmen ihrer Präsentation zum Thema Konstruktionen von Wissenschaft in der Sozialarbeitspraxis wurde dieses Thema aufgegriffen und vertieft. Zusammen mit Kollegen aus Hochschulen in Eichstätt und Nürnberg wurden gemeinsame Forschungsergebnisse aus dem Bereich der Bewährungshilfe vorgestellt: Wissenschaft ist das Rückgrat professioneller Sozialer Arbeit – sie muss sich jedoch in Richtung kooperativer Wissensproduktion zwischen Wissenschaft und Praxis entwickeln, um anschlussfähige Ergebnisse für die Praxis zu liefern.
Prof. Dr. Dieter Kulke, Professor für Soziologie an der Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften der Hochschule für angewandte Würzburg-Schweinfurt, stellte zusammen mit Tobias Kindler von der Fachhochschule Ostschweiz und der Hebrew University, Jerusalem, in einer SIG (Special Interest Group) Ergebnisse aus einem trinationalen empirischen Forschungsprojekt vor. Basierend auf früheren gemeinsamen Arbeiten zu den politischen Einstellungen und zur politischen Partizipation von Studierenden und Fachkräften der Sozialen Arbeit in den Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz wurden Daten aus den drei Ländern zusammengefasst und gemeinsam analysiert. Studierende der Sozialen Arbeit können demnach noch nicht im Sinne des politischen Auftrags Sozialer Arbeit politisch tätig werden; es bleibt ihnen somit die bürgerschaftliche politische Partizipation.
Die Aktivitäten, wie z.B. die Kontaktaufnahme zu einer Politikerin oder einem Politiker oder der politisch motivierte Boykott von Produkten, wurden nach häufigen Fragen aus dem European Social Survey erfasst. Hier zeigte sich, das die Schweizer Studierenden signifikant häufiger in ihrer Rolle als Bürgerinnen und Bürger aktiv sind. Diese Unterschiede dürften durch die allgemein stärkere politische Partizipation aufgrund teilhabefördender politischer Institutionen zurückzuführen sein. In allen Ländern und insgesamt zeigte sich eine Bestätigung des Civic Voluntarism Models politischer Teilhabe: Man müsse können, man müsse wollen und man müsse gefragt werden: Dies bestätigte sich auch in den präsentierten Forschungen. Alle drei Faktoren könnten im Studium gestärkt werden, z.B. über mehr Wissenskompetenzen im Bereich Politik Sozialer Arbeit; über personale Kompetenzen z.B. hinsichtlich der internen politischen Wirksamkeit, der Überzeugung, eine wichtige Rolle in Gruppen spielen zu können; und das ‚Gefragt-Werden‘ über (berufs-) politische Hochschulgruppen. Gerade in Zeiten politischer Verunsicherung werden diese Kompetenzen für die Soziale Arbeit noch wichtiger.