Erfahrung mit Selbsterfahrung: FHWS-Studierende beteiligten sich kreativ beim Projekt „Ameisengang“
Im Kurs „Kunst und Therapie mit Kindern und Jugendlichen“ lernen Studierende der Angewandten Sozialwissenschaften im musisch-kreativen Bereich Kernmethoden aus der Kunsttherapie kennen. Unter Anleitung von Burghilt Henzel, die als Lehrbeauftragte an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt sowie als Kunsttherapeutin in der Kinder- und Jugendpsychiatrie arbeitet, können sie diese ausprobieren und an sich selbst erfahren.
Die Idee zum Projekt „Ameisengang“
Auf dem Weg in das Hochschulgebäude in der Münzstraße 12 führt ein Zugangsweg durch das Untergeschoß der Hochschule zum benachbarten Röntgen-Gymnasium. „Die Unterführung“, so Henzel, „war in einem ziemlich desolaten Zustand und wurde wohl auch zum Feiern von Jugendlichen genutzt. Die Wände waren beschmiert, und auf dem Boden lagen kaputte Flaschen, Scherben und Müll.“ Auf die Idee mit Bildern eines Ameisengangs kam sie, nachdem sie einige Zeit in Kolumbien verbrachte und dort die farbenprächtige Fassadengestaltung kennenlernte. „Jedes Bild vermittelte eine Botschaft und beeinflusste den urbanen Raum und die Menschen, die sie betrachteten.“ Sie war begeistert - auch von der Wertschätzung, die die Straßenkünstler:innen erfuhren.
Die Idee war geboren: „Ich wollte in diesem Semester die Fassadengestaltung in meinen Kurs integrieren - und die Studierenden der sozialen Arbeit ließen sich auf dieses Experiment ein.“ Sie gab den Studierenden die Aufgabe, sich als „Ameise" darzustellen – jede und jeder auf seine Art und Weise. Ziele des Projektes waren u.a., die Unterführung durch farbliche Gestaltung der Wände wieder aufzuwerten sowie über das Malen mit der Außenwelt in Verbindung zu gehen. Sie setzte auch auf einen psychosozialen Effekt, nach dem neugestaltete Räume später deutlich weniger verschmutzt werden.
Zudem gab sie den Studierenden die Möglichkeit, sich selbst auszuprobieren und ihren eigenen kreativen Prozess in der Gruppe zu erleben – Erfahrungen zu sammeln durch Selbsterfahrung. Darüber hinaus können die angehenden Sozialwissenschaftlerinnen und –wissenschaftler die Methode der Wandgestaltung in ihre spätere Arbeit integrieren und Anregungen für die Gestaltung mitnehmen: Welche Botschaft will ich vermitteln, was macht mich aus, was mag ich an mir, traue ich mich, mich zu zeigen? Durch Bilder, die Menschen malen, machen sie sich sichtbar.
In der ersten Phase des Projektes entfernten die Studierenden die Abfälle im Gang und strichen die Wände mit weißer Farbe mehrmals an. Am nächsten Tag leuchteten die Wände in Weiß, die Gestaltung konnte beginnen. In der zweiten Phase wählten die Studierenden Plätze für ihre Entwürfe aus und zeichneten diese mit Zeichenkohle auf. Es entstanden lebensgroße Figuren, die mit Farben ergänzt wurden. Jede Ameise, ob mit Kopfhörern, Buch, großer Brille oder Poloshirt, bekam ihre Einzigartigkeit.
Die Studierenden zeigten sich in ihren Bildern und gingen miteinander in den Austausch. Kälte und Zugluft im Gang konnten den Teilnehmenden ihr Engagement nicht nehmen. Nach der Fertigstellung betrachteten sie gemeinsam die Kunstwerke und gaben zu jedem Bild ein Feedback. Die Studierenden, so Henzel, seien stolz auf das Gesamtbild und freuten sich über die neu entstandene positive Ausstrahlung der Unterführung.
Positives Feedback der Schülerinnen und Schüler
Nicht nur die Studierenden, auch die Schülerinnen und Schüler begrüßten die Aktion: Eine Studentin Irina Wasilevska ging nach Abschluss der Bemalung auf die Schülerschaft zu und befragte sie, wie sie die Aktion fanden. Die Antworten fielen durchweg positiv aus. Der neue, farbige Ameisengang sei „total klasse“, „witzig“, „schön“, „interessant und cool“. Ein Schüler sagte, der Gang lade nun zum Durchgehen ein, ein Mädchen meinte, sie sei „voll begeistert“. Und auf die Frage, ob sie sich vorstellen könnten, beim nächsten Mal mitzugestalten, kam Zustimmung. Außer den Ameisen gefielen Schülerinnen und Schülern der bunt gesprenkelte Fußboden: Dieser erinnere sie an eine Wiese.