Bei Aktivieren des Elements werden Sie auf die Webseite mit Informationen zum TWIN-Jubiläum weitergeleitet

Drei Fragen an Prof. Dr. Müller-Steinfahrt: Was haben Gewinnende der Corona-Krise anders gemacht?

Prof. Dr. Ulrich Müller-Steinfahrt ist Leiter des Institutes für angewandte Logistik an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt

(Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der IHK Würzburg-Schweinfurt) (Wirtschaft in Mainfranken)

Wirtschaft in Mainfranken (WiM): Kurz gefragt: Was haben Gewinner der Corona-Krise anders gemacht?

Prof. Dr. Ulrich Müller-Steinfahrt: Wenn man so will, sind das branchenunabhängig alle Unternehmen, die schon vor der Krise in Digitalisierung investiert haben und gut in den verschiedensten Märkten vernetzt sind. Ein Paradebeispiel ist das Unternehmen Amazon, das schon lange vor der Krise in die Digitalisierung seiner Prozessabläufe investierte. Und auch in seine Transportprozesse, weswegen man Amazon heute auch als Logistiker und nicht mehr als reines Handelsunternehmen bezeichnet. Zweifelsohne war der Bereich E-Commerce ausschlaggebend für seine heutige Ausnahmestellung – als der große Gewinner.

WiM: Noch ist die Krisensituation ja nicht vorbei. Aber welche Schlüsse kann man bereits aus dem vergangenen Jahr ziehen?

Müller-Steinfahrt: Man muss davon ausgehen, dass zukünftig alles digital stattfinden wird. Angefangen von der Auftragsvergabe, der Disposition, der Bezahlung bis hin zum Frachtbrief. Es wird sich eine Dynamik entwickeln, alles im Markt noch effizienter zu gestalten. Das führt dazu, dass die Unternehmen, die bislang stabil dastanden, auch weiter in dieser Dynamik wachsen. Verlierer sind eher die kleineren Unternehmen, die das von ihrer Substanz her nicht leisten können. Als Gewinner werden mittlere, dynamische Unternehmen zu großen wachsen können. Und die Großen bleiben erfolgreich.

WiM: Ihr Ausblick auf die Logistiktreiber der Zukunft?

Müller-Steinfahrt: Neben der Digitalisierung steht für mich vor allem das Thema Nachhaltigkeit im Fokus. Früher galt es, zuallererst die Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten. Diesem Ziel wurde vieles untergeordnet. Robuste, resiliente und nachhaltige Transportketten werden die Schlagzeilen der Zukunft sein. Dazu wird auch die Schiene als Transportmittel gehören, mit all ihren Möglichkeiten. Trotz aller struktureller Veränderungen bleibt ein einfaches Problem, das auch schon vor der Krise bekannt war. Das ist der eklatante Fahrermangel in der Logistikbranche – und ein damit verbundener mittelfristiger Anstieg bei den Transportkosten. Da es weniger Fahrmöglichkeiten gibt, ist es für manches Industrie-Unternehmen heute schon ein Problem, Langgüter rechtzeitig vom Hof zu bekommen. Eine Situation, die es seit 30 Jahren nicht mehr gab – und die durch die Corona-Krise jetzt noch verschärft wird.