Den Main hautnah erleben: Prämierte Konzepte für ein Maininformationszentrum in Knetzgau
Der Main – heimatprägende Lebensader, Transportweg, Wirtschaftsfaktor, einzigartige Natur- Erholungs- und Kulturlandschaft. Für die Gemeinde Knetzgau ist das Anlass genug für ein eigenes Informations- und Erlebniszentrum. Wie dieses Maininformationszentrum der Zukunft „MIZ 359“ aussehen könnte, haben 19 Studierende der Geovisualisierung an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) durchdacht. Die innovativen Entwürfe wurden jetzt vorgestellt und in einem Wettbewerb prämiert.
Initiator der Kooperation zwischen Gemeinde und FHWS ist Marc Heinz, Projektleiter des „Netzwerks Main“, das mittlerweile über zweihundert Partnerschaften zählt. Die Idee, ein gemeinsames Informations- und Erlebniszentrum zu schaffen, steht bei den Main-Anrainern ganz oben auf der Wunschliste. Dozent Stefan Sauer von der FHWS wiederum kann „solche Projekte nicht auf der Straße liegen lassen“. Er stellte den Studierenden in der projektbezogenen Geovisualisierung im sechsten Semester deshalb die Aufgabe, ein Konzept für das MIZ samt Außenanlagen zu entwickeln und es in einer Virtual-Reality-Anwendung (VR) vorzustellen.
Das heißt: Der Betrachter taucht mit VR-Brille, 3D-Effekten, Beleuchtung und Sounds täuschend echt in die virtuelle Welt ein. Da die Gemeinde zusätzlich drei Geldpreise ausgelobt hat, wurde aus der Semesteraufgabe parallel auch ein Wettbewerb.
Im Ergebnis stehen sieben Arbeiten, die facettenreicher nicht sein könnten und die doch so manches verbindet: Die Bandbreite umfasst eher klassische Bauten mit Glasfront ebenso wie ein hochbeiniges stilisiertes Gebäude über dem Fluss oder Entwürfe in organischer Wasser- und Wellenform. Im Freizeit- und Erlebnisbereich können sich die Studierenden einen Klettergarten, ein Sportareal, anmietbare Tiny Houses zu Lande und zu Wasser oder einen Unterwassertunnel mit Fischlehrpfad vorstellen. Ein Entwurf orientiert sich an der alten Landschaftsform vor der Main-Begradigung, lässt einen alten Nebenarm wiedererstehen und schafft dort eine neue Marina. Allen Konzepten gemeinsam sind Badestrand und Wassersport, attraktive Freizeitflächen, ein Café am Fluss sowie eine Fuß- und Radbrücke zu einer wiederentdeckten Insel. Den Knetzgauerinnen und Knetzgauern selbst ist die Anbindung an den Main-Radweg ein Anliegen, der bislang am Ort vorbeiführt.
Fachkundig bewertet wurden die sieben Entwürfe von einer Jury, zu der neben dem Projektleiter Marc Heinz auch Stefan Paulus und Marco Depner von der Gemeinde Knetzgau, Dekanin Daniela Wenzel und Dozent Stefan Sauer von der FHWS, Architekt Christian Kern sowie Regionalmanagerin Ulla Schmidt gehörten. Sie schauten auf Anwenderfreundlichkeit, User-Interface und Immersion der VR-Anwendung ebenso wie auf Innovation, Realisierbarkeit und Design des Konzepts.
Der erste Preis ging einstimmig an das Team Jan-Paul Miene, Jan Vahrenhold und Gernot Nikolaus: Deren Konzept greift bewusst nur wenig in die Landschaft ein und integriert das Gebäude in die bestehende Böschung; die anderen Maingemeinden werden durch einen begehbaren Ring auf der Wasserfläche einbezogen. Überzeugt habe der Entwurf, weil er „unglaublich realistisch“ und „architektonisch sofort umsetzbar“ ist, so Stefan Sauer und Christian Kern. Das Team habe sich stark mit dem Thema auseinandergesetzt, gehe nah an die Wasserfläche heran und habe eine Anwendung mit sehr guter Bedienbarkeit und Navigation geschaffen.
Den zweiten Platz teilen sich die Teams Michael Buchholz, Tobias Koch und Simon Kraus mit ihrem visionären Tiny-Hause-Entwurf samt Unterwassertunnel sowie Emma Dewitz, Clara Eggers und Carina Fischer, die einen Aussichtsturm auf einer renaturierten Insel und eine Badebucht mit Stufenanlage vorschlagen. Einen Sonderpreis erhielt Ibrahim Sabbar, der die Aufgabe ganz allein gelöst hatte. Er konzipiert eine Parkanlage mit Brunnen, Wasserspielplatz und Bootsverleih und entführt die Besucher in eine marokkanische Strandbar mit Pools, Lounge und Palmen.
Ob einer der Entwürfe ausgeführt wird, ist noch unklar. Und doch: Obwohl es momentan weder ein Finanzierungskonzept, noch einen Bauherrn gibt, war das Projekt für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation: Bürgermeister Stefan Paulus betrachtet die Unterstützung der FHWS als innovativen Schub bei der Suche nach Finanzierungspartnern, Jury und Gemeinderat wünschen sich, dass „die oder andere kreative Idee aufgegriffen wird“. Und die Hochschule konnte einmal mehr beweisen, dass „wir nicht abgekoppelt von der Welt arbeiten, sondern uns zu Recht Hochschule für angewandte Wissenschaften nennen“, so Stefan Sauer und Prof. Dr. Daniela Wenzel. (Anja Legge)