„8. Science Slam“ auf hohem Niveau vor ausverkauftem Hörsaal und engagiertem Publikum
106 Dezibel Applaus und viele Momente zum Lachen überzeugten: Der diesjährige Gewinner des 8. Science Slams heißt Prof. Dr. Daniel Kulesz. Der Informatiker an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt präsentierte im Hörsaal der Julius-Maximilians-Universität Würzburg das Thema „End-User Software Engineering“. Die Organisatorinnen und Organisatoren - der Alumniverein der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, die Hochschule Würzburg-Schweinfurt sowie die Stadt Würzburg – zeigten sich – nach drei Jahren endlich wieder in Präsenz - erfreut über das ausverkaufte Auditorium.
Acht Teilnehmende aus der Hochschule sowie der Universität hatten sich zum diesjährigen Slam angemeldet, sieben nahmen teil. Ziel der Veranstaltung: „7x7 Minuten Wissenschaft unterhaltsam präsentiert“. In diesem festgesteckten Zeitrahmen stellten die Vortragenden ihr Wissens- und Arbeitsgebiet auf hohem wissenschaftlichen Niveau mit Themen, die aktuell Herausforderungen darstellen wie z.B. Klimawandel oder koloniale Afrika-Bilder, dem Publikum vor. Diejenigen, die über sieben Minuten hinaus referierten, wurden mit Tierlauten „ausgebellt“.
Im Anschluss an die Begrüßung durch die Alumni-Referentin der Uni, Michaela Thiel, moderierte Johannes Keppner den Science Slam.
Zur Einstimmung trat der Vorjahressieger Dr. Sebastian Markert auf. Der Zell-Biologe an der John-Hopkins-Universität, zugeschaltet aus Buenos Aires, Argentinien, erläuterte das Thema: „Was passiert, wenn man die Augen zu macht?“, zu dem er gerade forscht. Anschließend startete Philipp Stollenmayer von der Fakultät Gestaltung der FHWS den 8. Science Slam mit „Kontext ist König“. Am exemplarischen Beispiel eines Handys, das er im öffentlichen Raum auf die Straße legte als Kunst-Installation, ging er der Frage nach, was passiert, wenn man Dingen einen Rahmen gibt, innerhalb dessen bestimmte Regeln gelten: Wird es als Kunst erkannt, oder stecken Fußgänger das Handy ganz schnell und heimlich ein?
Der zweite Slammer, Prof. Dr. Nepomuk Riva aus der Ethnomusikologie an der Uni Würzburg, stellte die Frage „Das Leben – ein ewiger Kreis? – Kritische Disney-Forschungen in der Ethnomusikologie“. Mit einem Einstieg von Elton Johns „The Circle of Life“ testete Disney „farbenblinde“ Besetzungen seiner Stücke. Disneys „Der König der Löwen“ sei das weltweit erfolgreichste Musical aller Zeiten. Das Afrikabild, dass das Stück präsentiere, sei eher buddhistisch, die schwarzen gecasteten Schauspieler seien als Tiere auf der Bühne zu sehen.
Mit einem ähnlichen Aspekt wie der Vor-Slammer setzte sich auch der Romanist und Habilitand am Neuphilologischen Institut der Uni Würzburg, Dr. Julien Bobineau, auseinander: „Kriege, Krisen, Katastrophen? Wie koloniale Afrika-Bilder unseren Alltag prägen und was Horst Seehofer damit zu tun hat“. Auf die Idee kam er im Zuge einer Dokumentation über Rudolf Virchow. Es ging um die These: Was ist „germanisch“, was „jüdisch“? Er ging u.a. rassistischen Stereotypen in Werbung und Medien auf den Grund und beschäftigte sich mit „Racial Profiling“ der Polizei.
Ein aktuelles Thema, das Klima, nahm der Geograph Prof. Dr. Heiko Paeth mit „Klimawandel hautnah“ auf. Der Wissenschaftler zeigte auf, dass die häufigen Tropennächte in der Stadt mit nächtlichen Werten um 25 Grad für Menschen mit Herz-Kreislauferkrankungen lebensgefährlich seien, da der Körper nicht mehr zur Ruhe komme. Sein Fazit: Der Klimawandel der letzten Jahre sei Menschen zuzuordnen, ergo sei die Klima-Forschung nicht dogmatisch, sondern faktenbasiert.
Die Habilitandin und Physikerin Paula Weber gab einen Einblick in Muster ihres Lebens und ihrer Forschung sowie in die Faulheit der Natur mit ihrem Slam-Beitrag „Von Punkten und Streifen“. Die Physikerin setzt sich wissenschaftlich mit „Spin-Richtungen“ von Elektronen im Atom auseinander und brachte zur Veranschaulichung der Spin-Bewegung von Elektronen eine Luftschlange mit. Sie möchte dazu beitragen, künftig Energie zu sparen mit der „Spintronik“.
Der Beitrag von Prof. Dr. Daniel Kulesz von der Fakultät Informatik und Wirtschaftsinformatik an der FHWS Würzburg lautete „End-User Software Engineering“. Er stellte fest, dass die Zahl der Programmierenden rückläufig sei bei parallel stark ansteigenden Zahlen von Anwenderinnen und Anwendern. Die Software-Entwicklung sei langsam und kostspielig – Userinnen und User sollten daher die Möglichkeit erhalten, selbst Software zu entwickeln oder zu programmieren. Wie dies aussehen bzw. auch schiefgehen könnte, zeigte der Informatiker auf einer Folie mit Excel-Pannen, die teils nicht nur durch Nutzer, sondern auch durch sogenannte Bugs (Systemfehler) falsche und humoristische Ergebnisse liefern können.
Als siebter Slammer stellte sich Prof. Dr. Johannes Heger aus der Religionspädagogik an der Uni Würzburg dem Votum des Publikums. Seine These: „Religionspädagogik – eine wissenschaftliche Disziplin wie Ringo Starr?!“ Er fragte, ob die Gesellschaft religiöse Bildung bzw. Theologie brauche. Bei einer „Rationalität des Glaubens“ träten heutzutage Esoterik sowie „Ersatzreligionen“ in den Vordergrund. Dies führe zu Fundamentalismus und Fanatismus. Ringo Starr habe zwar nicht so sehr im Rampenlicht gestanden bei den Beatles wie John Lennon oder Paul McCartney, aber er sei trotzdem wichtig gewesen als der Mann mit dem tragenden Beat. So sehe er auch die Religionspädagogik als ein tragendes Element in und für die Gesellschaft.
Der achte Slammer, Moritz X. Michael, Alumus der Zahnmedizin an der Uni, war verhindert und konnte seine „Oralpredigt“ nicht halten.
Nach Abschluss der Vorträge hatten die Zuschauerinnen und Zuschauer die Möglichkeit, mit der Intensität und Lautstärke ihres Applauses abzustimmen und eine Gewinnerin bzw. einen Gewinner küren.
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