Technische Hochschule
Würzburg-Schweinfurt

Interview mit
Prof. Dr. Tobias Kaupp

Interview mit Prof. Dr. Tobias Kaupp
Elektrotechnik

Forschungsprofessor für Robotik, Leiter des Centers für Robotik (CERI)

Herr Professor Kaupp, seit wann lehren Sie an der THWS? Und was haben Sie vorher gemacht?

Seit November 2018 bin ich hier. Vorher war ich 15 Jahre in Australien, davon 10 Jahre Geschäftsführer einer Robotik-Firma, die ich mitgegründet habe und die inzwischen Niederlassungen in fünf Ländern hat. In Australien habe ich auch promoviert und meine beiden Kinder sind dort geboren.

Gerade bin ich dabei, eine Kooperation zwischen der THWS und einer Uni in Sydney aufzubauen – es gibt in Australien keinen Unterschied zwischen Uni und Hochschule. Zwei meiner Masteranden sind die ersten Versuchskaninchen – sie profitieren sehr davon, das Umfeld dort ist hochkarätig.

Beim ersten Kooperationsprojekt geht es um die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Industrieroboter. In Australien will man tiefer in dieses Thema einsteigen. Bislang konzentrierte man sich dort eher auf Field Robotics, also zum Beispiel auf Bergbau oder Unterwasser-Robotik. Wir Deutschen bringen unsere Erfahrung aus der Industrierobotik ein, die ja traditionell ein eher deutsches Thema ist, da sie seit Jahrzehnten schon in der Autoindustrie genutzt wird.

Wieso sind Sie Professor geworden?

Es gab zwei Gründe. Ich war zehn Jahre lang Unternehmer. Auch wenn man dabei auf den ersten Blick tun und lassen kann, was man will, ist man doch immer fremdgesteuert: Ich hatte Verantwortung für viele Mitarbeiter und als Start-up muss man sich auch immer sehr um die finanzielle Seite kümmern. Der zweite Grund ist meine Familie. Meine Frau kommt aus der fränkischen Gegend und unsere Eltern und Geschwister leben in Süddeutschland. Meine Kinder waren bei unserer Abreise 5 und 8, sie sollten auch etwas von ihrer erweiterten Familie haben.

Als ich die Ausschreibung gelesen habe, habe ich mich wieder daran erinnert, dass ich zu meiner Studienzeit an einer Fachhochschule schon mit dem Gedanken gespielt habe, einmal Professor zu werden. Bereits während meiner Schulzeit habe ich gern Nachhilfe gegeben und während meiner Promotion habe ich ebenfalls unterrichtet – das habe ich immer mit viel Begeisterung gemacht.  

Helfen Ihnen Ihre Erfahrungen als Unternehmer jetzt auch in der Forschung weiter?

Viel mehr, als ich mir vorher vorstellen konnte. Meine unternehmerischen Fähigkeiten brauche ich ständig, z.B. die Erfahrung mit Kunden. Ich verstehe, was die andere Seite antreibt, und kann entsprechend mit Wirtschaftlichkeitsrechnungen und Timelines umgehen. Dasselbe gilt für den Vertrieb, es geht ja immer darum, etwa zu verkaufen. Als Unternehmer bin ich das gewöhnt.

Das Schöne ist jetzt aber: Ich kann mich mit Themen, die ich spannend finde, viel tiefer auseinandersetzen. Denn es gilt in der Professur die Freiheit von Forschung und Lehre.

Und ob man nun ein Buch schreibt, ein Team aufbaut, allein im Kämmerlein forscht, viele Kooperationen akquiriert - das ist jedem zu einem erheblichen Teil selbst überlassen. Deswegen sind auch alle hier intrinsisch motiviert.

Gleichzeitig habe ich bei Amtsantritt aber auch eine Zielvereinbarung für meine Forschungsprofessur unterschrieben. Darin ist zum Beispiel die Höhe der einzuwerbenden Drittmittel und die Anzahl der Publikationen festgeschrieben. Das hat auf mich erstmal abschreckend gewirkt.

Sind denn die Ziele gut zu erreichen?

Darüber habe ich mir am Anfang schon Sorgen gemacht, aber schnell gemerkt, dass die Bereitschaft der Firmen zur Zusammenarbeit groß ist. Selbst, wenn man noch niemanden kennt und mit dem Netzwerken erst anfängt, ist es gut machbar. Der Bedarf von Firmen an Fachkräften und Expertise im Bereich der Robotik und Automatisierung ist einfach enorm.

Sie haben den Studiengang Robotik und das Center für Robotik, kurz CERI, aufgebaut. Würden Sie uns darüber ein wenig erzählen.

Den Bachelorstudiengang Robotik habe ich gemeinsam mit meinem Kollegen Professor Jean Meyer ein Jahr lang federführend konzipiert. Dank der Hightech Agenda Bayern haben wir viele Ressourcen bekommen – sieben neue Professoren und sieben technische Mitarbeiter. Außerdem konnten wir die Labore gut ausstatten. Dabei haben wir viel Wert auf Praxisnähe gelegt. Gerade ist außerdem ein neues Gebäude in der Planung, für das der Freistaat 120 Mio. € zugesagt hat.

Eine solche Ausstattung hat nicht jede Hochschule. Das ist schon etwas Besonderes. Mit diesem Argument haben wir auch viele gute Leute bekommen. Normalerweise müssen erst Studierende da sein und die Ressourcen kommen danach – abhängig von der Studierendenzahl. Bei uns war es umgekehrt! 

An welchen Themen forschen Sie gerade?

Wir versuchen, industrienah zu forschen, Stichwort Smart Factory und Industrie 4.0. Bei einem Projekt geht es um die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter. Zum Beispiel wollen wir manuelle Montagearbeit in eine halbautomatisierte Produktion transferieren. Mit diesem Ziel haben wir zwei Montagearbeitsplätze mit Roboter und Werkerassistenzsystemen im Labor aufgebaut – wir versuchen, die kognitive Belastung des Menschen bei der Arbeit zu verringern, die Ergonomie zu verbessern und gleichzeitig die Produktivität und Sicherheit zu erhöhen.

Wie entscheiden Sie, ob ein Thema für Ihre Forschung oder die Lehre an der THWS geeignet ist? 

Ob man auf dem richtigen Weg ist – das wird ständig diskutiert, mit all den klugen Köpfen, die man um sich herumhat. Zudem geben die Firmen Feedback. Daraus entstehen dann zum Beispiel neue Studiengänge wie etwa Robotik oder Wasserstofftechnik. Die Anpassung an die Realität ist ständig da. Auch dadurch, dass neue Kollegen aus der Industrie kommen, die alle ihre Erfahrung einbringen. Das ist das Gute am Prinzip Angewandte Wissenschaften. 

»Das Schöne ist jetzt aber: Ich kann mich mit Themen, die ich spannend finde, viel tiefer auseinandersetzen. Denn es gilt in der Professur die Freiheit von Forschung und Lehre.«


»Das Schöne ist jetzt aber: Ich kann mich mit Themen, die ich spannend finde, viel tiefer auseinandersetzen. Denn es gilt in der Professur die Freiheit von Forschung und Lehre.«


Wie war es eigentlich, nach 15 Jahren wieder nach Deutschland zurückzukommen?

Meine Familie und ich hatten nur einen relativ kleinen Reverse Culture Shock. Uns hat gewundert, dass sich das Grundschulsystem in Deutschland kaum geändert hat. In Australien hatten wir das Glück an eine Schule geraten zu sein, die projektbasiert arbeitet. Das fand meine Tochter so toll, dass sie gar keine Wochenenden und Ferien haben wollte. Das hat sich in Deutschland dann schnell gedreht.

Wie gefällt Ihnen Ihre Arbeit als Professor inzwischen?

Ich finde, dass wir hier extrem kollegial zusammenarbeiten, auch fakultätsübergreifend. Es gibt zum Beispiel kaum Grabenkämpfe zwischen Professoren, wie das an Universitäten manchmal üblich zu sein scheint. Diese Kultur überträgt sich auch auf die Doktoranden und Laboringenieure, denen ich persönlich so viel Freiheit wie möglich zugestehe. Sie verdienen bei uns zwar weniger Geld als in der Industrie, können dafür aber eher ihren Interessen nachgehen.

Zudem ist es sehr spannend für mich, mit so vielen Menschen zu tun zu haben, die in puncto Alter, Lebenserfahrung, Herkunftsland und Rolle alle unterschiedlich sind. Mit jedem muss ich anders umgehen und von allen kann man was lernen.

Herr Professor Kaupp, vielen Dank für diesen Blick hinter die Kulissen. So spannend. Wenn wir dürfen, kommen wir noch öfter zum Interview vorbei.

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