Studierende der FHWS an Bohrmaschine, c Stefan Bausewein

TWIN-Jubiläum: THWS erinnert an den Start der englischsprachigen Studiengänge vor zehn Jahren

Langfristige Strategie für die Sicherung von Fachkräften für die Region Mainfranken: Internationale Studierende bereichern Hochschulleben

Eine Gruppe Studierende unterhält sich von einem Schweinfurter Hochschulgebäude
Internationale Studierende sind aus dem Hochschulalltag an der THWS nicht mehr wegzudenken (Foto: THWS/Simone Friese)

Ein wachsender Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften bei gleichzeitig demografisch bedingtem Bevölkerungsrückgang: Auf diese Herausforderung hat die Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS, damals noch FHWS) bereits vor zehn Jahren mit einer langfristigen Strategie reagiert und die ersten englischsprachigen Bachelorstudiengänge eingeführt. THWS-Angehörige erinnern sich daran, wie alles begann.

Bild des ehemaligen Hochschulpräsidenten Prof. Dr. Dr. h. c. Robert Grebner
Ehemaliger THWS-Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Robert Grebner (Foto: Stefan Bausewein)

Der damalige Präsident der Hochschule, Prof. Dr. Dr. h. c. Robert Grebner, startete im Jahr 2012 in seine erste Amtszeit, als die demografische Entwicklung bereits absehbar war: „Schon damals war klar, dass ab 2016 die 18-Jährigen fehlen würden.“ In den ersten Monaten von Grebners Amtszeit stand die Suche nach einer Strategie im Vordergrund, um diesem Problem zu begegnen. „Wenn man das Ziel mit den nationalen Studierenden nicht erreicht, dann muss man es über die internationalen erreichen“, lautete Grebners pragmatischer Ansatz. Um den langfristigen Fachkräftebedarf der regionalen Industrie zu decken, gab die Hochschule als Wachstumsziel 9.000 nationale und 3.000 internationale Studierende aus. „Schließlich sind wir die einzige Hochschule der Region mit technischer Ausrichtung“, betont der Altpräsident diese besondere Verantwortung. Dies sei auch von der Wirtschaft so gewünscht worden.

Klausurtagung entwickelt Vision

Im Januar 2013 trafen sich die Dekaninnen und Dekane der zehn Fakultäten zusammen mit der Hochschulleitung zur alljährlichen Klausurtagung, um aus der Idee der Internationalisierung eine Strategie zu entwickeln. „Auch wenn nicht alle Fakultäten gleichermaßen die Not gespürt haben, auf sinkende Studierendenzahlen zu reagieren, haben sich alle an der Entwicklung der Internationalisierung beteiligt“, erinnert sich Grebner an die damalige Aufbruchsstimmung. Im Februar wurde das Wissenschaftsministerium in die vorläufigen Pläne eingeweiht, im März wurde der Wirtschaftsbeirat der Hochschule mit ins Boot geholt. Bereits im April stellte THWS-Präsident Grebner dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer ein vorläufiges Konzept vor. „Diese Vision ist beim Besuch des Ministerpräsidenten in Hofheim einfach ins Programm reingemogelt worden“, erinnert sich Kanzler Stefan Hartmann, damals Leiter der Hochschulkommunikation, mit einem verschmitzten Grinsen.

Parallel dazu begann die Hochschule Gespräche mit der Stadt Schweinfurt, um ihre Internationalisierungspläne auch räumlich umsetzen zu können. Da der Abzug der amerikanischen Streitkräfte für das kommende Jahr bereits gesetzt war, boten sich die Ledward Barracks als Erweiterungsfläche für die Hochschule an. Auch die Stadt Würzburg hatte von den Plänen gehört und bekundete in einem Brief ihr Interesse, internationale Studierende nach Würzburg zu holen. Um für die Neuankömmlinge Wohnraum zu finden, hatte das Studentenwerk seine Hilfe zugesagt.

TWIN-Studiengänge mit X-Modell

Nun war klar, dass die neue Vision der Internationalisierung auf breite Unterstützung stoßen würde. Im Juli schickte die Hochschulleitung weitere Details an das bayerische Wissenschaftsministerium und stellte im Dezember 2013 ihr finales Konzept eines „i-Campus“ (internationaler Campus) vor: Mit sogenannten TWIN-Studiengängen wollte die Hochschule inhaltsgleiche Bachelorstudiengänge etablieren, die sowohl auf Deutsch wie auch auf Englisch studiert werden können. Mit der besonderen Ausprägung des X-Modells sollten deutsch- und englischsprachige Studierende zwischen den korrespondierenden TWINs wechseln können, um so sprachliche und interkulturelle Kompetenzen zu erlangen. Über Praktika und Abschlussarbeiten in regionalen Betrieben sollten sich die Studierenden in Mainfranken einleben und langfristig in den hiesigen Arbeitsmarkt integrieren.

Nun war der Startschuss für die beiden ersten englischsprachigen Studiengänge gefallen: Schon im Wintersemester 2014/15 sollte die Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen die Bachelorstudiengänge Business and Engineering (Wirtschaftsingenieurwesen) sowie Logistics (Logistik) anbieten. „Die beiden Studiengänge mussten vorher noch genehmigt werden“, schildert Kanzler Hartmann. „Die Hochschule hatte weniger als ein Jahr Vorlaufzeit, daher konnten wir kaum Werbung machen – das war etwas mit der heißen Nadel gestrickt. Wir hatten zwar auch Geld und Stellen bewilligt bekommen, aber beides wurde erst 2016 zugewiesen. Wir mussten also in Vorleistung gehen“ Daher war das nötige zusätzliche Personal anfänglich nur spärlich vorhanden.

Studierende bei der Zusammenarbeit im Hochschulgebäude
Die THWS in Schweinfurt bietet ausreichend Platz zum gemeinsamen Lernen und Arbeiten - auch außerhalb der Seminarräume (Foto: THWS/Simone Friese)

Pioniere betreten Neuland

Zur Gruppe dieser Pioniere gehörte Anna-Lena Karsten. Sie nahm Anfang 2014 ihre Arbeit an der Hochschule auf und kümmerte sich in enger Zusammenarbeit mit den beiden Regionalmanagern Senol Arslan und Nataliya Kudelya um das internationale Studierendenmarketing. Es war Neuland für das kleine Team: „Wir als Hochschule waren im Ausland nur bedingt bekannt und die TWIN-Studiengänge kannte niemand.“ Zielvorgabe war, bis zum Herbst rund 100 Studierende zu akquirieren – letztendlich starteten in beiden Studiengängen insgesamt 61 internationale Erstsemester-Studierende. „Zu Beginn kannten wir noch alle Internationalen namentlich“, schildert Karsten. Denn der Betreuungsbedarf war vor allem am Anfang sehr intensiv: „Wir haben Orientierungswochen noch vor Semesterbeginn gestartet, das war eine Mischung aus Kennenlernen und allen wichtigen Formalitäten.“ Zu den Fragen der Neulinge gehörte unter anderem: Wie eröffnet man in Deutschland ein Bankkonto? Wie schließt man eine Krankenversicherung ab?

Auch bei der Unterbringung leistete die Hochschule, so gut es ging, Unterstützung und glättete so manche Wogen zwischen internationalen Studierenden und Vermietern: „Manchmal gab es auch Beschwerden: Zum Beispiel wurde ein Wasserkocher ruiniert, weil sie nicht wussten, wie man damit umgeht“, erzählt Karsten. „Da waren wir vorher gar nicht auf die Idee gekommen, dass das ein Problem sein könnte.“ Auch für die Arbeit innerhalb der Hochschule bedeutete die Internationalisierung Extraaufwand und viel Erklärungsbedarf: „Man musste beispielsweise erklären, dass Zeugnisse und andere Dokumente pünktlich abgegeben werden müssen. Daraus haben sich dann die interkulturellen Schulungen entwickelt und die Idee des gegenseitigen Lernens“, erläutert Anna-Lena Karsten. Sonst sind Missverständnisse unvermeidlich: „Als neuer Mitarbeiter ohne interkulturellen Führerschein weiß man nicht, dass Menschen aus Indien mit dem Kopf schütteln und ,Ja‘ meinen“, erzählt Christine Schmittfull vom Hochschulservice Studium.

Unterstützung durch Stadt Schweinfurt

Eine Gruppe von Studierenden verschiedener Nationalitäten arbeitet als Projektgruppe zusammen
Gelebte Internationalität: In interdisziplinären Projektgruppen arbeiten deutsche und internationale Studierende zusammen (Foto: Stefan Bausewein)

Die Unterstützung der internationalen Studierenden war auf vielen verschiedenen Ebenen notwendig – und für die zweite Bürgermeisterin der Stadt Schweinfurt Soraya Lippert eine Herzensaufgabe: „In der Stadt Schweinfurt war das Thema internationale Studierende Herausforderung und Chance zugleich. Ob bei der Beschaffung von Wohnraum oder bei den Verästelungen des Ausländerrechts: immer wieder mussten die kleinen Dienstwege und die persönlichen Netzwerke bemüht werden. Es war oft Pionierarbeit, aber man freut sich über die neuen Kontakte und über die vielen neuen Perspektiven, die sich auftun.“

Inzwischen kümmert sich an der THWS nicht mehr ein kleines Team von Pionieren um wenige Neuankömmlinge – der Hochschulservice Internationales unter der Leitung von Dr. Daniel Wimmer mit rund 24 Mitarbeitenden betreut sowohl internationale Vollzeit- wie auch Gaststudierende und unterstützt außerdem deutsche Studierende, die ein Semester im Ausland verbringen wollen. „HSIN ist mit dem Internationalisierungsgrad der THWS gewachsen. Heute engagieren wir uns in der interkulturellen Sensibilisierung der Hochschulmitglieder ebenso wie im strategischen Ausbau internationaler Kooperationen und im Einwerben wertvoller Drittmittel“, beschreibt Dr. Wimmer und fügt hinzu: „Um das internationale Flair bei uns und die aufgebauten Kompetenzen beneiden uns mittlerweile viele Kolleginnen und Kollegen anderer Hochschulen.“

Zwei neue TWINs im Wintersemester

Vizepräsident Prof. Dr. Achim Förster
Prof. Dr. Achim Förster, Vizepräsident für Lehre und Internationalisierung (Foto: Stefan Bausewein)

Auch das TWIN-Studienangebot wird kontinuierlich erweitert. Im Wintersemester 2024/25 starteten die TWINs Applied Mathematics (Angewandte Mathematik) und Applied Polymer Engineering (Kunststoff- und Elastomertechnik). Prof. Dr. Achim Förster, THWS-Vizepräsident für Lehre und Internationalisierung, sieht im parallelen Angebot von deutsch- und englischsprachigen Studienangeboten große Vorteile: „Mit den TWIN-Studiengängen hat die THWS gleich auf mehreren Ebenen ein attraktives internationales Studienangebot aufgebaut. Internationale Studierende können auf Englisch ihr Studium beginnen und durch eine begleitende kulturelle und sprachliche Ausbildung wichtige Kompetenzen für den internationalen und deutschen Arbeitsmarkt erwerben. Deutschsprachige Studierende können zweisprachige Fachkompetenzen erwerben und werden so ideal auf anspruchsvolle Tätigkeiten in einem internationalen Arbeitsumfeld vorbereitet.“

Aktuell studieren 2.713 internationale Studierende an der THWS, davon 1.911 in Schweinfurt und 802 in Würzburg. Bis die anvisierte Zahl von 3.000 erreicht ist, dauert es also nur noch ein bisschen. Die Hochschule blickt mit Stolz auf die vergangenen zehn Jahre zurück: „In Sachen Internationalisierung zählt die THWS zu den erfolgreichsten Hochschulen in Bayern“, betont THWS-Präsident Prof. Dr. Jean Meyer. „Das zeigt sich nicht nur an den zahlreichen internationalen Kooperationen, sondern auch an der hohen Internationalisierungsquote. Am Standort Schweinfurt liegt der Anteil der internationalen Studierenden bei 60 Prozent. Unser Ziel ist es, in den nächsten Jahren an den Erfolg anzuknüpfen und weitere TWIN-Studiengänge auf den Weg zu bringen.“

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