Die Methode der finiten Elemente ist ein etabliertes und gut verstandenes Standardwerkzeug zur Simulation strukturmechanischer Prozesse. Um die Methode in der Praxis einzusetzen, benötigt man Softwaresysteme, die neben dem allgemeinen mathematischen Rahmen insbesondere auch die Materialgesetze derjenigen Werkstoffe abbilden, die in den zu simulierenden Strukturen vertreten sind. Während für zahlreiche etablierte Werkstoffklassen entsprechende Materialalgorithmen vorliegen, ist dies z. B. für viskoelastische Stoffe kaum der Fall. Ein wesentlicher Aspekt hierbei ist, dass bewährte mathematische Modelle für solche Werkstoffe Gedächtniseffekte aufweisen, d. h. der aktuelle Deformationszustand hängt nicht nur von der momentan bestehenden Belastung ab, sondern von der gesamten Vorgeschichte. Dies ist ein signifikanter Unterschied zu gebräuchlichen Materialmodellen, der erhebliche softwaretechnische Auswirkungen auf die zu verwendenden Algorithmen hat.
Der Themenbereich Numerische Simulation befasst sich vor diesem Hintergrund mit der Entwicklung und Implementierung von numerischen Verfahren, mit denen solche gedächtnisbehafteten Modelle zuverlässig und effizient behandelt werden können. Gegenwärtiger Arbeitsschwerpunkt sind mathematische Modelle auf der Basis von Differentialgleichungen fraktionaler (d. h. nicht ganzzahliger) Ordnung. Solche Modelle sind erfahrungsgemäß besonders gut dafür geeignet, das Verhalten viskoelastischer Werkstoffe über längere Zeiträume akkurat zu beschreiben. Aus theoretischer Sicht hat dabei die sog. diffusive Darstellung der auftretenden Differential- und Integraloperatoren bedeutende Vorteile, weil sie im Vergleich zu traditionellen Darstellungen auf Algorithmen führt, die weniger Rechenzeit benötigen, einen erheblich geringeren Speicherbedarf für die Behandlung der Prozesshistorie aufweisen und sich mit relativ geringem softwaretechnischem Aufwand in vorhandene bewährte Finite-Elemente-Softwarepakete einbinden lassen.